Doppelt beglückend

Rezensionen

Weckmann, Strungk, Tunder, Bach. Choralbearbeitungen und freie Orgelwerke. Dagmar Lübking (Ahrend-Brunzema-Orgel der ev.-ref. Kirche Hamburg, Palmaille. Tonstudio Es-Dur, DL 2003)

Die vorliegende CD stellt schon ein kleines Wunder dar, dank des Instruments der Firma Ahrend und Brunzema aus dem Jahr 1969 und im Besonderen dank des hinreißenden Spiels von Dagmar Lübking. An der Orgel findet sich eine keineswegs außergewöhnliche Dispostion, doch was der Intonateur an den nur 15 Registern vollbrachte, macht das Instrument so wunderbar geeignet für die barocke Literatur.

Selten genug findet man so differenziert zeichnende Register, die einzeln verwendet einen persönlichen Charakter aufzeigen, sich aber auch im vollen Werk harmonisch einfügen. Denn Lübking artikuliert sehr deutlich, spielt durchsichtig, findet immerzu ein neu zusammengestelltes farbenprächtiges Plenum, das angenehm zu hören ist und das Ohr zu keiner Zeit ermüdet; sie interpretiert mitreißend, so voller Leben, spielt tief bewegend und berührt die Seele; jeder verklingende Ton macht neugierig auf den folgenden.

Die ausgewählten Komponisten gehören zu den Klassikern der Orgelliteratur; neben der norddeutschen Tradition eines Tunder und Strungk stehen Bach und Weckmann. Es finden sich bekannte Orgelwerke aber auch Orgel-Adaptionen Bach´scher Kammermusik (z.B. die Clavier-Toccata BWV 916 oder die Sonate für Violine und Basso continuo BWV 1023). Glanzstück dieser Aufnahme: Bachs Praeludium et Fuga in BWV 539 mit der berühmten faszinierenden Fuge aus der Sonate für Violine solo BWV 1001, der für die Orgel eine fünfte Stimme hinzugefügt wurde – ob von Bach selbst oder von einem Zeitgenossen, wissen wir nicht. Hier wird Lübkings Spiel zum Muster für die Anschaulichkeit und Durchhörbarkeit Bach´scher Dialoge.

Jeder Orgelbegeisterte, jeder Sammler wird auf dieser CD so manches neu und sehr geglückt finden; sie kann aber auch den Beginn einer langen Freundschaft für einen Neueinsteiger darstellen, der hier den Zugang zu herrlicher Musik findet, die fesselt und süchtig macht.

Concerto, März 2024 // Stefan Apfelbeck