Verweile doch, du bist so schön
Hamburger Organistin widmet sich ganz der alten Musik
Ausschließlich Musik des Barock, von Hans Leo Haßler bis Johann Sebastian Bach bestimmte das Orgelkonzert von Dagmar Lübking in der Konstantin-Basilika. Ein Programm, das der Orgel geradezu auf den Leib geschnitten war.
Manchmal erlebt man Konzerte, da sehnt man sich danach, dass endlich das Ende kommt. Man langweilt sich, es geschieht nichts, das auch nur ein wenig die Aufmerksamkeit erregt. Es gibt aber auch die Konzerte, bei denen man bedauert, dass es schon vorbei ist, wo man unwillkürlich an das viel geschundene Zitat “Verweile doch, Du bist so schön!” aus Goethes Faust denken muss. Dagmar Lübking, Organistin der evangelisch-reformierten Kirche in Hamburg und Solistin beim siebten sommerlichen Orgelkonzert in der Konstantin-Basilika in Trier schaffte es, diesen Wunsch hervor zu rufen. Ihr Abend war fast eine Ouvertüre zur langen Nacht der Alten Musik, die am heutigen Freitag ebenfalls in der Konstantin-Basilika über die Bühne geht. Johann Sebastian Bach war der jüngste Komponist, der sich auf Lübkings Programm fand.
War es mutig? War es frech, was die Hamburger Kantorin ihrem Publikum anbot? Viele Dogmatiker der so genannten authentischen Spielweise hätten Lübking nach diesem Konzert auf den Scheiterhaufen geführt und sie im Namen der historischen Aufführungspraxis durch die Flammen läutern lassen. Wie kann man das “Alleluja, laudem dicite” von Hans Leo Haßler oder die Bachsche Fantasie c-Moll, BWV 1121, mit den spanischen Trompeten spielen? Man kann! Und wenn man es so spielt, wie Lübking, klingt es großartig. Es war ein Nutzen der klanglichen Möglichkeiten der Schuke-Orgel, die sich rundherum wohlfühlte, ja förmlich aufblühte. Lübking hatte ihr das Programm förmlich auf den Leib geschneidert. Bei Matthias Weckmanns Toccata in d oder bei Dietrich Buxtehudes Praeludium in g, BuxWV 163, musste man sich schon vergewissern, ob man wirklich die Basilika-Orgel hört, so charmant norddeutsch erfüllten die Klänge den Raum. Bachs Choralvorspiel “Erbarm dich mein”, BWV 721, vereinigte durch Registerwahl und Spielweise in großartiger Form Verzweiflung und Zuversicht des Choralinhaltes. Vielleicht das schönste Stück des Abends.
Was Lübking bot, war ein selbstbewußtes Konzert, bar jeder Effekthascherei, die ihrer Person gedient hätte. Kaum jemand würde es wagen, ein Konzertfinale (Bachs Fantasie G-Dur, BWV 572) im Mezzoforte zu beschließen. Lübking konnte es und blieb damit sich selbst und der Musik treu. Das Publikum hatte es verstanden und dankte ihr mit langem und kräftigem Applaus. Darin enthalten die Feststellung: Schade, daß es schon vorbei ist.
Trierer Volksfreund, 17. August 2007 // Gerhard W. Kluth
